Rimini Protokoll

Theater auf Rädern

 

Gesetze, Normen, Rituale, in jeder Stadt gibt es sie, auch in unserem mittelalterlichen schönen Nürnberg. Was darf man, was darf man nicht? Oft ist genau das gerade bei jungen Menschen eine Frage, dessen korrekte Antwort sie nicht immer kennen. Maja Metzmacher aus der 10e und Jasmin Fuchs aus der 9d stellten sich dieser Frage am Donnerstag den 23. Mai und besuchten dieses außergewöhnliche Theaterstück.

Mit dem LKW durch die Stadt, das Publikum auf der Ladefläche, werden durch ein großes Fenster Regeln und Gesetze in freier Wildbahn beobachtet. Das urbane System der pulsierenden Stadt wird zum Objekt. Und dabei leitet unter Anderem der 10 Jahre alte Elias mit Klarsicht, Härte, Konsequenz und viel Humor die zweistündige Tour durch ganz Nürnberg.

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Unsere Erwartungen

 

Bei dem Begriff „Figurentheaterfestival“ haben wir uns erst kleine Theaterstationen vorgestellt. Eine Art Theatergruppen, welche sich an ausgewählten Stellen der Innenstadt sammeln und besonders auf die Änderung des gesellschaftlichen und rechtlichen Verhaltens der Stadt angesichts ihrer Geschichte innerhalb von guten 30-45 Minuten eingehen.

 

 

Inhalt

 

Nachdem wir uns alle in dem bestuhlten Sitzraum eines dunklen LKWs angeschnallt hatten, wurde die Fahrt mit den Worten des 10-Jährigen Elias „Da, wo Sie jetzt sitzen, wurden früher einmal Schweinehälften transportiert.“ eröffnet.

Da wir in der ersten Reihe, die nicht wie im Auto in Fahrtrichtung, sondern zur Seite, ausgerichtet war, direkt vor einer der drei großen Leinwände saßen, fühlte sich das live übertragene Gespräch aus der Fahrerkabine sehr echt an. Der Taxifahrer Rudi und unser Tourführer Elias füllten die Fahrt bis zur ersten Station zwar gut mit Gesprächen, doch trotzdem war es sehr erfrischend als nach einer längeren Fahrt ein belebter Platz hinter der hochfahrenden Leinwand zum Vorschein kam. Da wir hinter einer verspiegelten Scheibe saßen, konnten weder die Menschen auf dem Platz noch Elias, der uns mutig vor dem LKW alleine über ein Mikrofon etwas über seine Ängste erzählte, uns erkennen. Nur wir konnten alle ungesehen beobachten, während die Passanten, die sich ihrer schauspielerischen Rolle nicht wirklich bewusst waren, verwundert nach unserem Fahrgerät umblickten.

Während der erneut längeren Weiterfahrt konnten wir weiteren Gesprächen der beiden und einigen Kindern aus dem Chor beim Singen vorne über die Kamera zuhören und teilweise die Außenwelt durch die große Glasscheibe bewundern.

Nach Erzählungen auf dem Future-City-Gelände und dem Passieren des „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“, hielten wir endlich erneut, diesmal an einer U-Bahnstation. Hier spielten Elias und seine 16-Jährige Bekannte Benigna zusammen ein „Do’s and Don’t’s“ -Spiel, bei dem es darum ging, erlaubte und verbotene Verhaltensregeln dieses Platzes aufzuzählen. An dieser Stelle verabschiedeten wir den Jungen mit den Lichtern unserer Handytaschenlampe und fuhren weiter mit dem neuen Mädchen.

Sie redete auch viel mit Rudi, besonders über Autorität in ihrer Schule und das chinesische „Social Credit System“, das unartige Bürger bestraft und artige belohnt. Mit den Worten, dass Regeln nur befolgt werden, da wir Angst vor den Konsequenzen haben, wurden wir dann von der 16-jährigen Benigna höchstpersönlich zum Ausgangspunkt zurückkutschiert. War das nicht eigentlich klar verboten?

 

 

Was uns nicht gefallen hat

 

Der rote Faden, wo war der bloß? Zwar wurden interessante Thematiken behandelt wie die unterschiedlichen Tischmanieren von Familien, die berüchtigten aktuellen „Fridays for Future“-Demonstrationen oder die Nürnberger Innenstadt im Zukunftsjahre 2025, doch da das Stück nicht wirklich klar durchstrukturiert und es ein Knäul von Erzählungen und Erklärungen war, haben wir schlecht Zusammenhänge finden können. Statt den erwarteten Theaterstücken handelte es sich vielmehr um freundliche, teilweise jedoch auch belanglose Gespräche zwischen den Darstellern in der Fahrerkabine oder aber auch vor dem LKW selbst. Hätte man die Sache etwas spielerischer gestaltet und die lebendige Außenwelt mehr miteingebracht, wäre es an dieser Stelle vielleicht nicht ganz so schwierig gewesen, alles gut mitzuverfolgen und dabei trotzdem noch unterhalten zu werden. Denn während der zweistündigen Fahrt Zeit zu finden, um nachzudenken und Verbindungen zwischen den Themen herzustellen, war eine echte Herausforderung außergewöhnlicher Art, wobei es uns doch ein wenig zu lange dauerte, da die Sache nie vollständig auf den Punkt gebracht wurde.

 

Was uns gefallen hat

 

Doch trotz einiger Verbesserungswünsche zum Gesamtstück, haben uns viele Dinge natürlich auch sehr gut gefallen! Zu allererst war es natürlich ein riesiges Erlebnis, sich durch eine große Scheibe unbemerkt die Umwelt und seine Mitmenschen ein bisschen besser anschauen zu können. Da uns der schauspielerische Theatereffekt ein bisschen gefehlt hat, haben einfach die „unengagierten Schauspieler“ vor der Glaswand diese Rolle für uns übernommen.

Dafür waren die Orte, an die uns der LKW brachte, ganz besondere Highlights: das riesige Baustellengelände, ein von Menschen überfüllter Platz, aber besonders auch die U-Bahnstation. Hier hat uns nicht nur die Atmosphäre des Schauspielortes gefallen, sondern vor allem auch das plötzliche Erscheinen von Benigna und ihr gemeinsames Spiel mit Elias. Dieses zeigte uns noch mal klar, dass es eigentlich viel mehr Dinge gibt, die einem verboten sind zu tun, als Dinge, die man machen gesetzlich darf.

Die vielen abwechslungsreichen Elemente von Spielen, über Gespräche, wenn diese nicht zu lange dauerten, bis hin zu anderen überraschenden Lachern, haben dieses Stück ungemein kreativ gestaltet.

Diese Mischung aus einer hinter dachten Stückidee, den besonders freundlich und zuvorkommenden Beteiligten der Aufführung und das Engagement der Leute mit Mikrofon, das uns bei Elias am meisten überzeugt und erfreut hat, waren ein tolles Zusammenspiel für einen alles in allem gelungenen Abend.

 

 

Anders. Aufregend. Verwirrend. Bei diesem Theaterspektakel ist neben Spaß auch eine Menge Mitdenken gefragt. Uns wurde bewusst, dass im Theater alles möglich ist, auch weit weg von der klassischen Bühne und dem roten Vorhang, hinter welchem die Schauspieler ungeduldig darauf warten, bewusst in verschiedenste Rollen zu schlüpfen. In diesem Falle gab es nun mal keinen Vorhang und auch die Passanten in der Stadt hatten keine Ahnung davon, dass sie Teil dieses vielseitigen Theaterstückes wurden.

 

Und an dieser Stelle möchten wir uns noch einmal bei allen Beteiligten für die Einladung bedanken.

Maja Metzmacher, 10e – Jasmin Fuchs, 9d

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