Miss Rona und ihr Einfluss auf unsere Gesellschaft

Wir alle sind betroffen von dieser Ausnahmesituation. Der Ausnahmesituation nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Krankheit COVID19, unter anderem auch als Coronavirus und bei den Jugendlichen als Miss Rona bekannt, verwandelt unsere sonst so vollen Straßen in Geisterstädte und verlegt das komplette Leben in unsere vier Wände, den Garten mit eingeschlossen. Natürlich nur das Leben dieser, die nicht gerade in Supermärkten die Regale mit neuem Toilettenpapier füllen und streitsüchtige Einkäufer beruhigen. Oder der, die in den Krankenhäusern kämpfen, die Zahl der am Virus gestorbenen Personen möglichst klein zu halten. Miss Rona heißt für jeden Einzelnen Veränderung, ob man will oder nicht. Aber es gibt nicht nur Beeinträchtigungen auf der persönlichen Ebene, viel mehr ist es ein gesamtgesellschaftliches Thema, das auch gesamtgesellschaftlich Folgen und Veränderungen nach sich zieht.

Die akuten Veränderungen sind schnell zu entdecken. Die Schulen sind geschlossen und home schooling ist angesagt. Es entsteht kein Nachteil für die Schüler, so behauptet das zumindest die Regierung. Ich sehe das etwas anderes, es kann gar nichts anderes als ein Nachteil entstehen. Schüler*innen, die auch so selbstständig arbeiten, werden mit dem neuen System, damit, die Materialien über ein Online-Portal zu erhalten und selber zusammenzufassen, kein Problem haben. Aber was ist mit den Schwächeren, die sich so schon schwer tun? Die werden auf kurz oder lang auf der Strecke bleiben, spätestens, wenn die jetzigen Themen als Grundwissen gelten, aber lange nicht so nachhaltig im Gehirn verankert sind, wie Themen, die normal in der Schule behandelt wurden. Außerdem gibt es auch immer noch die Frage, ob die jetzigen Abschlussklassen, egal ob am Gymnasium, auf der FOS, von den Realschulen oder auf der Mittelschule, die Chance haben, sich wirklich gerecht auf ihren Abschluss vorzubereiten. Dafür wurden ja jetzt wenigstens für die Zwölftklässler, die schon diese Woche wieder unter strikten Regeln und mit einem Schichtbetrieb den Unterricht besuchen dürfen, die letzten Klausuren gestrichen. Für die arbeitende Bevölkerung wird der Arbeitsplatz mal eben vom Büro, auf den Schreibtisch im Eigenheim verlegt, natürlich nur für diejenigen, die die Möglichkeit dazu haben. Alles wird getan, um das Haus nicht mehr verlassen zu müssen, nur noch zum Einkaufen, aber selbst dafür gibt es Angebote, die dir deine Lebensmittel direkt vor die Haustür liefern. Außerdem verspürt man ein Argwohn der Menschen gegenüber einander. Gerade in den Supermärkten oder wenn man einer Person beim Spazierengehen entgegen kommt, ist immer einer kleiner Funken von Skepsis in den Augen zu erkennen. „Hält die andere Person genug Abstand, hat sich der/die Verkäufer*in richtig die Hände gewaschen, bevor sie mir mein Rückgeld gibt, sollte ich das Haus überhaupt noch verlassen?“ Fragen, die anscheinend in den Köpfen der Menschen spuken und immer wieder im richtigen Moment aufploppen, wie unerwünschte Pop-Up Fenster auf fragwürdigen Internetseiten. Man könnte meinen, Corona ist wie der weiße Elefant, man hat ihn auch im Kopf, wenn man eigentlich gerade nicht an ihn denken möchte, wenn auch manchmal nur im Hintergrund. Allein die Hamsterkäufe sind ein Indiz von Panik, die zu noch mehr Panik führen, denn nun hat jeder Angst, sich im Laufe der nächsten Wochen den Hintern mit etwas anderem als dem vierlagigen Toilettenpapier mit Blümchenaufdruck abwischen zu müssen. Aber nicht nur das, inzwischen wurde auch Hefe und Gummibänder zum basteln eigener Masken gehamstert. Sagt mir nicht, dass jetzt jeder anfängt sein eigenes Brot zu Backen. Auch wenn man sich die Abteilung für Haarpflegeprodukte ansieht, könnte man meinen, den Menschen sei ein zweiter und dritter Kopf gewachsen die sie jetzt mit reichlich Shampoo und Conditioner überschütten müssen.
Konkrete langfristige Veränderungen hingegen sind gut versteckt in den täglichen Nachrichten und nur durch Hinweise zu erahnen. Die Wirtschaft geht schon jetzt den Bach runter. Wird das wieder zu einer großen Krise führen? Niemand weiß, wie umfangreich die Ausmaße sein werden und selbst wenn, würden uns die Medien das so sanft wie nur möglich mitteilen. Generell ist zu sagen, dass sowohl in wirtschaftlichen als auch politischen Bereichen keine Gewissheit herrscht. Vermutungen werden zwar aufgestellt, aber ob sich diese verwirklichen werden, weiß niemand so wirklich. Auch ich stelle mir die Frage, was mit meinem Abitur ist. Immer wird von den diesjährigen Zwölftklässlern gesprochen, zurecht, aber meine Klausuren in der 11. Klasse zählen genauso in den Abiturschnitt, der dann doch genauso von Corona beeinflusst wird. Oder nicht? Wird darauf Rücksicht genommen in den anstehenden Klausuren? Was passiert mit dem Stoff, der dieses Jahr vielleicht nicht mehr geschafft wird, aber relevant ist für weitere Themen nächstens Schuljahr? Bis der Impfstoff da ist, werden das sicherlich nicht die einzigen offenen Fragen sein, die im Raum stehen, zusammen mit dem Elefanten.

Allerdings sind schon jetzt die Missstände zu erkennen, die sich im Verlauf der vergangenen Wochen herauskristallisiert haben. Selbstständige bangen um ihre Existenz und trotz der Zuschüsse des Staats, sieht es für die meisten Kleinunternehmer oder Gastrobetriebe nicht sehr glänzend aus. Spendenaktionen laufen über die Sozialen Netzwerke und Ideen, wie beispielsweise Gutscheinkäufe für die Lieblingsläden, die man in der Zeit danach einlösen kann, kursieren im Internet. Dennoch wird es nicht jede*r schaffen, sich über so eine lange Zeit und ohne greifbare Einnahmen über Wasser zu halten. Dies könnte die Folge haben, dass noch mehr kleine Läden oder Cafés aus den Innenstädten verschwinden und wir schlussendlich nur noch auf Großkonzernen und Kettenbetrieben sitzenbleiben. Wer würde dann noch Klamotten einkaufen gehen oder einen Automatenkaffee-to-go trinken wollen? Andere leiden, obwohl sie das nötige Geld haben, um über die Runden zu kommen, an psychischen Problemen. Die aktuelle Situation stellt ein Problem dar für viele Personen, die schnell dazu neigen, in ihren eigenen Gedankenstrudeln zu ertrinken. Durch das Social Distancing haben sie keine Möglichkeit, sich mit Freunden zu treffen oder sich anderweitig mit normalen Aktivitäten abzulenken, sodass dies bei generell labilen Personen zu ernsthaften mentalen Gesundheitsproblemen führen kann. Wobei ich finde, dass Social Distancing eigentlich der völlig falsche Begriff ist. Natürlich soll man sich nicht mehr face-to-face treffen, dennoch ist es doch jetzt umso wichtiger, sozial zu bleiben, zu helfen und sich über die digitalen Medien zu verbinden und sich eben nicht abzuschotten oder zu distanzieren.

So oder so führt es zu Missständen – und das eben auch in der Politik. Es gibt etliche Stimmen, die sich über die zu unvorbereitete Politik aufregen. Es war klar, so ein Virus wird kommen, die Frage war nur wann. Dennoch sind wir nicht gewappnet gewesen und Corona hat uns wie eine Welle überrollt. Zwar sind wir nicht so schwer getroffen worden wie Italien oder Spanien, dennoch hätten wir viel mehr Schutzkleidung und Intensiv-Betten haben sollen. Aus Österreich kommen Bilder, auf denen jeder der einen Supermarkt betritt eine Mund- und Nasenmaske kostenlos erhält. Wo ist diese Möglichkeit bei uns? Kommt sie vielleicht mit der Maskenpflicht? Wenn ja, dann frage ich mich, wieso man in der Apotheke bis jetzt noch einen 7-8 Euro auf die Theke legen musste, um vier der Einmal-Masken zu bekommen. Dennoch hat unsere Bundesregierung verhältnismäßig früh reagiert und vor den ersten Toten in Deutschland Maßnahmen verhängt, die uns vor Situationen, wie wir sie aus Italien in den Nachrichten hören, bewahrt haben. Aber Jens Spahn musste ja auch für irgendetwas Sinnvolles zu gebrauchen sein.
Abseits von den innerdeutschen Konflikten stellt sich auch eine große Frage um die EU. Corona scheint ein Test für diesen Zusammenschluss zu sein, auf menschlicher Sicht aufgrund der vielen Gestorbenen, aber auch finanziell. Mitgliedsländer, die schon vor der Corona-Krise geldtechnisch nicht am besten da standen, trifft es noch mal schlimmer. Hat die EU finanzielle Möglichkeiten, um durch Corona bankrott gegangene Länder wieder hoch zu ziehen? Will die EU das nach dem Griechenland Debakel überhaupt? Nachdem unter anderem Deutschland schon infizierte Patienten aus den Nachbarländern in seinen Krankenhäuser aufgenommen hat, war die Solidarität groß. Aber wie weit wird sie noch reichen? Und wird sie langen, um weitere, größere Schritte einzuleiten? Wir werden sehen, ob Corona das Auseinanderbrechen der EU ist oder sie nur noch enger zusammen schweißt.

Dennoch gibt es Hoffnung. Viele Personen schenken einem, trotz der großen Unsicherheiten, ein Lächeln und wenn nicht, dann schenken sie dir vielleicht eins zurück, manchmal muss man auch selbst den ersten Impuls geben. Jeder sehnt sich nach seinen alten Routinen und inmitten von diesem Chaos, das gerade unsere Realität ist, sind wir alle erfüllt von Hoffnung und Zuversicht. Noch nie gab es so viele Hilfsaktionen in den Nachbarschaften. Man bietet sich an einzukaufen, mit dem Hund zu gehen oder die Kinder von neben an ein paar Stunden zu sitten. An Zäunen hängen Hilfspakete mit Essen und warmer Kleidung, für Menschen die kein Zuhause haben, in dem sie sich isolieren können, und tagtäglich gibt es auf Balkonen und Terrassen Klatschaktionen, um denen Applaus zu spenden, die unser System am Laufen halten. Noch nie war der Zusammenhalt größer als jetzt und auch, wenn Miss Rona überwiegend negative Seiten hat, ist das eine positive.

Die Zukunft entlässt uns mit vielen offenen Fragen. Sie stehen im Raum und so schnell wird sich darauf wahrscheinlich auch keine Antwort finden lassen. Experten sind teilweise ratlos und bis jetzt sind alle vermeintlichen Antworten nur Vermutungen. Niemand weiß, wie es exakt weiter geht oder wie lange es in Wirklichkeit noch dauert, bis die Normalität wieder eintritt. Wenn es dann überhaupt noch eine Normalität gibt, wie wir sie kennen. Mehr als „wir werden sehen“ kann ich zum Abschluss leider nicht sagen – aber, wir werden sehen und müssen bis dahin das Beste aus der Situation und den ganzen Veränderungen machen. Uns bleibt ja keine Wahl.

Marie Allmansberger, Q11
www.curiousreflections.com

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