Das Coronavirus hat Deutschland fest im Griff. Die Krise erfordert von uns ein hohes Maß an Rücksichtnahme und Zusammenhalt. Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, müssen wir Einschränkungen dulden, wie wir sie noch nie erlebt haben. Dabei geht es nicht primär um junge und gesunde Menschen, sondern um diejenigen, die ein anfälligeres Immunsystem haben und für die die Erkrankung wesentlich bedrohlicher ist, als für die meisten von uns. Deshalb sind wir junge Menschen genauso in der Pflicht, unseren Beitrag zu leisten, wie alle anderen auch. Leider haben das viele noch nicht begriffen.
Ein Kommentar von Noel Boldin
Einen Kollaps verhindern
Seit Montag sind bei uns in Bayern alle Schulen geschlossen. Diese Maßnahme dient vor allem einem Zweck: Die Ausbreitung des Virus muss verlangsamt werden, damit nicht zu viele Coronapatienten auf einmal unser Gesundheitssystem überfordern. Man kann davon ausgehen, dass sich die Zahl der Infizierten exponentiell entwickelt. So können aus ein paar Hundert mal schnell Tausende werden und aus Tausenden können potentiell Millionen werden. Im Moment verdoppelt sich die Zahl der Infizierten in Deutschland etwa alle drei Tage. Ohne staatliche Eingriffe könnte es, glaubt das Robert-Koch Institut, in einigen Wochen zehn Millionen geben. Die entscheidende Frage hierbei ist, wie schnell sich die Zahl der Infizierten erhöht. Eine schnelle Ausbreitung lässt sich im Moment nur durch die weitgehende Einschränkung sozialer Kontakte verhindern. Schreitet die Zahl vergleichsweise langsam voran, kann man sich um die ca. 20 Prozent derer kümmern, die mit einem schwereren Verlauf zu kämpfen haben. Gelingt das aber nicht, werden zur selben Zeit zigtausende Coronakranke in unseren Krankenhäusern versorgt werden müssen. Im Moment stehen in Deutschland 28 000 Intensivbetten zur Verfügung. Diese Zahl soll in den nächsten Tagen verdoppelt werden, aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Betten nicht nur für Coronapatienten benötigt werden. Das passiert gerade in Italien und wir können beobachten, welch grauenvolle Folgen dies hat. Dort berichten Ärzte aus Krankenhäusern, dass sie nach bestimmten Kriterien die Patienten aussuchen müssen, denen sie effektiv helfen, weil die Kapazitäten überschritten sind. Das heißt, Ärzte müssen bewusst auch entscheiden, welchen Patienten sie nicht helfen, und daher sehr wahrscheinlich sterben lassen, um die begrenzten Ressourcen für andere zu verwenden. Man muss kein Philosoph sein, um die Unmenschlichkeit dieser Situation zu erkennen.
Dummheit und Egoismus
Die Erkrankten, die wiederum wegen des Coronavirus auf den Intensivstationen liegen, sind vor allem Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen. Dieser medizinische Umstand – die Abwehrkräfte dieser Gruppen sind schlicht schwächer – wird für manche, die nicht in das Schema passen, nun zum Problem. Viel zu viele scheinen die Einstellung zu haben, es müsse sie nicht interessieren. Schließlich gehört man selbst nicht zur Risikogruppe und wird auch bei einer Infektion kaum Probleme haben. Was kümmern also die vielen Empfehlungen, nur aus triftigen Gründen raus zu gehen und große Gruppen zu meiden? In Nürnberg und Schwabach musste die Polizei Coronapartys von verwirrten Jugendlichen beenden, die entschieden hatten, aus reiner Dummheit oder purem Egoismus, möglicherweise beidem, sich mit dutzenden anderen zu versammeln und einmal kräftig die Sau rauszulassen.
Dümmer geht es wirklich nicht. Ob sich Schüler vom AKG daran beteiligt haben, wissen wir nicht. Besonders glorreich haben sich aber auch einige Mitschüler nicht verhalten. Offenbar haben sich größere Gruppen im Einkaufzentrum ORO und auf dem Schulgelände versammelt, um den Sinn der Schulschließungen zu konterkarieren. Sie scheinen nicht zu verstehen, dass sie so zu Trägern des Virus werden, andere anstecken und zu einem Kollaps des Gesundheitssystems beitragen können. Es muss doch möglich sein, auch ohne Ausgangssperre, die eigene Pflicht zu erfüllen und sich aus Solidarität mit unseren Großeltern und allen anderen Gefährdeten nicht in die nächste Versammlung zu stürzen, oder sie am besten in beeindruckender Schwarmdummheit gleich selbst zu schaffen.
Solidarität
Es geht aber auch um Solidarität mit all denjenigen, die nicht zu Hause bleiben können, weil ihre Arbeit systemrelevant ist. Diesen Menschen gebührt unser größter Dank. Und den drücken wir am besten aus, indem wir ihre Arbeit nicht unnötig erschweren. Die Bediensteten in Lebensmittelgeschäften, zum Beispiel, leisten gerade Herausragendes, indem sie sicherstellen, dass wir versorgt sind. Tätigen wir also keine Hamsterkäufe und räumen unnötigerweise ständig die Regale leer. Stattdessen ist einfach mal Vertrauen in unsere Staatsregierung und ihre Aussage angesagt, dass die Versorgung gesichert bleiben wird. Auch die Polizisten werden nicht begeistert sein, wenn sie die völlig überflüssigen Coronapartys auflösen müssen. Und schließlich sollten wir auch nicht vergessen, dass Ärzte besonders gefährdet sind sich anzustecken. Wie ernst die Situation tatsächlich ist, hat die Bundeskanzlerin in ihrer Ansprache am Mittwoch deutlich gemacht. Zum ersten Mal in ihrer Amtszeit, abgesehen von den Neujahrsansprachen, wendete sie sich dirket an die Nation: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst. Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt“.
Sollten tatsächlich Ausgangssperren verhängt werden, dann liegt das an einem Teil unserer Gesellschaft, der nicht in der Lage ist, ohne direkten Befehl den eigenen Egoismus zurückzustecken und im Sinne der Gemeinschaft zu handeln.
Noel Boldin, Q11
Bilder:
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Ein Gedanke zu “Dümmer geht es nicht”