Die Europäische Union: Was ist das? Eine banal scheinende Frage. Es wird sich wohl auch jeder etwas darunter vorstellen können. Europa hat dadurch seit dem Zweiten Weltkrieg Frieden. Aber irgendwie ist die Europäische Union nichts von dem, was man kennt. Ist die EU ein Staat? Nein. Ein Staatenbund etwa? Auch nicht. Sie ist etwas Neues. Ganz anders eben.
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Um zu verstehen, was an der EU so besonders, so anders ist, muss man sich zunächst die Unterschiede zu bestehenden Kategorien zur Einteilung von Völkerrechtssubjekten anschauen. Die EU ist kein eigenständiger, souveräner Staat. Dafür fehlt ihr die für einen Staat in der Regel unabdingbare Verfassung, wobei eine solche nicht zwangsläufig einen Staat begründen würde und wenige moderne Staaten wie Großbritannien auch ohne eine Verfassung auskommen. So wie die Grundlage aller staatlichen Abläufe in der Bundesrepublik unser Grundgesetz ist, basiert die EU auf ihren von den Mitgliedsstaaten ausgehandelten Gründungsverträgen. Dieses Primärrecht, welches eine ähnliche Funktion wie eine Verfassung ausübt und sich aus dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zusammensetzt, gibt der EU die Möglichkeit, auf bestimmten Politikfeldern auch ohne die Zustimmung aller Länder bindendes Recht, das Sekundärrecht, zu setzen. Ob diese Verträge nun Verfassung heißen oder nicht, ist aber nicht der einzige Punkt bei der Frage, ob die EU ein Staat ist.
Die Europäische Union als etwas ganz besonderes
Einwenden könnte man beispielsweise, dass in Deutschland als souveränem Staat die Bundesländer in einigen Bereichen, allen voran der Bildungspolitik, auch selbstständige Entscheidungen treffen dürfen, ähnlich wie in der EU.
Der springende Punkt liegt in dem sperrigen Wort Kompetenz-Kompetenz (sic). Diese hat ein Bundesstaat wie die Bundesrepublik Deutschland oder die Vereinigten Staaten von Amerika, wo ebenfalls weite Teile der Innenpolitik durch die einzelnen Bundesstaaten geregelt werden, im Gegensatz zur EU inne. Während in Deutschland durch eine

Verfassungsänderung den Bundesländern – zwar mit hohen Hürden durch die erforderliche Zustimmung des Bundesrates mit Zweidrittelmehrheit, aber prinzipiell durch die Organe des Bundes – einzelne Kompetenzen weggenommen werden könnten, basiert jede Übertragung von Entscheidungsgewalt auf die EU auf dem „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“. Das heißt, dass die Staaten der EU eine einzelne Kompetenz stets durch die Verträge freiwillig übertragen müssen und die EU sich selber keine Kompetenzen verschaffen kann.
Dennoch handelt es sich bei der Europäischen Union auch nicht um einen Staatenbund im völkerrechtlichen Sinne. Solche sind oft lockere Verbindungen, die eine gemeinsame politische Ausrichtung und Zielsetzung haben. Für eine solche Einstufung sind die Verflechtungen zu eng. So gibt es viele Institutionen, die einem Staat sehr ähneln, wie der Europäische Gerichtshof und das Europäische Parlament. Speziell die in vielen Politikbereichen auf die EU übertragenen Hoheitsrechte, sprechen gegen einen Staatenbund. So findet der Entschluss zu

Maßnahmen in der EU nicht zwischen den Regierungen der einzelnen Länder statt, wie dies bei anderen Staatenbunden wie den BeNeLux-Staaten, der NATO oder der Afrikanischen Union ist, sondern in den Institutionen der EU. Des Weiteren können die Länder der EU übergebene Souveränitäten außer im Falle eines Austrittes nicht zurücknehmen. Die eigenständige Rechtspersönlichkeit sorgt zudem dafür, dass die EU in manchen Organisationen parallel zu eigenen Mitgliedsstaaten vertreten ist, beispielsweise in der Welthandelsorganisation (WTO), was wiederum den speziellen Status zum Ausdruck bringt.
Wie sich zeigt, ist die EU nicht nur in geschichtlicher, sondern auch in politischer Hinsicht ein einmaliges Gebilde. Ganz anders: Eine Rechtsform sui generis, also „eine Klasse für sich“. Weil sie eben nicht in bisherige Vorstellungen von Staat und Staatenbund einzuordnen ist. Weil sie so neu, so revolutionär ist. Seit einigen Jahren hat sich deshalb ein neuer Begriff zur Beschreibung der EU herausgebildet: Ein Staatenverbund. Ganz anders eben.
Sebastian Bauer, 10a