Frau Dr. Weigand von den Grünen im Interview

Mit Frau Dr. Sabine Weigand, Stimmkreiskandidatin der Grünen im Stimmkreis Nürnberg-Süd, haben wir uns zur Landtagswahl über viele wichtige Themen zur Landtagswahl unterhalten, wie Umweltschutz, Sozialpolitik, Rechtpopulismus, Europa und die Bildungspolitik. Sie ist 1961 geboren und Schriftstellerin sowie Historikerin.

Abgesehen von Ihrer politischen Tätigkeit sind Sie ja Autorin. Das Bücherlesen scheint unter Jugendlichen abzunehmen. Warum ist es auch für Jugendliche interessant, ein Buch zu lesen?

Ein Buch ist eine ganz eigene Welt. Man kann das schon ein bisschen vergleichen mit einem Computerspiel. Man kann auch in ein Buch eintauchen und in einer Phantasiewelt leben. In Büchern steckt enorm viel Wissen, in Büchern steckt enorm viel Leben. Bücher sind halt ein anderes Medium. Sie sind nicht mehr so „in“ und gefragt wie die neuen Medien, die wir jetzt alle kennen. Ich glaube schon, dass das Bücherlesen auch für junge Leute interessant ist und den Horizont erweitert. Man kann sich nicht alles zur Erweiterung seines Spektrums in den neuen Medien holen. Man kann ruhig ein bisschen in den alten Büchern herumstöbern oder eine Zeitung lesen und darin herumblättern, sich nicht nur alles aus dem Internet holen. Ich finde auch, dass Bücher entschleunigen. Wenn man liest, kommt man zur Ruhe. Ich glaube, dass es vielen heute gut tut – nicht nur jungen Menschen –, dass man sich einfach einmal auf ein Sofa setzt und eine Stunde nur bei sich und einem Buch ist. Das ist eine Sache, die jeder mal erfahren sollte. Es lässt der Phantasie mehr Platz. Wenn ich ein Buch lese, kann ich mir die Figuren so vorstellen, wie ich es mag. Nichts ist durch Bilder vorgegeben. Beim Bücherlesen kann man auch so schön blättern, man kann zurück, sich etwas nochmal herholen. Das ist eigentlich schön. Das Bücherlesen ist weniger geworden. Aber nicht so stark, wie man geglaubt hat. Auch das E-Book hat nicht diesen Riesensiegeszug angetreten, den man vermutet hat. Ich selber wüsste gar nicht, wie ich ohne Bücher existieren sollte. Also abgesehen davon, dass ich davon lebe. (lacht)

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Ich bin eigentlich schon immer ein politischer Mensch gewesen, bin in einem sehr politischen Elternhaus aufgewachsen. Wir haben immer diskutiert und politische Sendungen angeschaut. Nachdem ich mich in Schwabach dann einigermaßen ausgekannt habe – ich bin 1989 erst nach Schwabach gezogen – war es eigentlich klar, dass ich mich irgendwo engagieren wollte. Dann kamen irgendwann die Grünen auf mich zu und haben gefragt, ob ich Lust hätte. Das war dann so für mich, dass ich gesagt habe: „Ja, jetzt starte ich mal, fange an und steige ein in die politische Arbeit.“

Kam für Sie auch einmal eine andere Partei in Frage, in der Sie sich engagiert hätten oder in die Sie eingetreten wären?

Zur der Zeit, als ich mich entschlossen habe, eigentlich nicht. Ich komme eigentlich aus einem SPD-Haushalt und habe eine sehr ausgeprägte soziale Ader mitgebracht. Aber die ist bei den Grünen genauso hoch angesehen wie bei den linken Parteien auch. Von daher denke ich, dass es kein Schaden ist, wenn bei den Grünen Menschen sind, die sich mehr auf soziale Themen fokussieren, als zum Beispiel auf Umwelttechnik. Da bin ich nicht so die Richtige, weil ich kein Technikmensch bin. Aber Lohngerechtigkeit, Frauen und Naturschutz sind Dinge, die mich auch intensiv bewegen.

Bildung: „Man muss eine Wertschätzung für Demokratie vermitteln.“

Kommen wir zum Thema Bildung. Wir muss sich die Schule verändern, um der Zukunft gewachsen zu sein, oder muss sie sich überhaupt verändern?

Oh, ja, natürlich muss sie sich verändern. Die Schule muss sich genauso in der Gesellschaft verändern, wie sich Betriebe, Verwaltungen und auch Menschen verändern müssen. Die Ansprüche ändern sich ja in ganz schnellem Takt. Die Schule muss natürlich digital auf die Füße gestellt werden. Das fehlt immer noch. Das kostet einen Haufen Geld. Ich weiß aus dem Stadtrat, dass das, was man sich hier als Kommune leisten kann, häufig nicht ausreicht. Da muss vom Bund und vom Land viel, viel mehr an Förderprogrammen kommen, damit in jede Schule die Digitalisierung kommen kann, dass wir up to date mit den technischen Entwicklungen sind. Es kann nicht so bleiben, dass einmal ein Computer angeschafft wird und mit dem 10 Jahre gearbeitet wird. Da muss man immer wieder nachlegen und natürlich die Lehrer entsprechend ausbilden. So wie es jetzt ist, dass die Kinder mehr Ahnung haben, das darf nicht so bleiben. Das ist der eine Punkt. Was meiner Meinung nach auch ganz wichtig ist: Wir haben jetzt die Abkehr vom G8, die ich sehr gut finde. Mein eigener Sohn war im ersten G8-Jahrgang und ich habe selbst gesehen, was das macht, wenn du erst nachmittags irgendwann spät heimkommst und dann noch Hausaufgaben machen und lernen musst, weil eine Prüfung ansteht. Wo bleiben dann die Möglichkeiten für die Freizeit? Ich glaube, dass die Rückkehr zum G9 ganz wichtig ist und die CSU kapiert hat, dass das der Holzweg war. Das ist schon einmal der erste Schritt. Die mobile Reserve ist auch schwierig in Bezug auf die Lehrersituation. Es werden zwar neue Lehrer heuer angestellt. Aber es gehen auch sukzessive mehr in Pension. Da muss deutlich mehr getan werden. Ich halte es für unsäglich, dass junge Lehrer auf ein Jahr befristet eingestellt werden, das dann im Juli endet, sodass sie im August nichts gezahlt bekommen, und im September vielleicht wieder eingestellt werden. Das ist sowohl für die jungen Lehrer als auch für die Schüler keine Perspektive. Man baut ja auch ein Verhältnis auf, da ist es ein Problem, wenn der Lehrer nicht sagen kann, ob man ihn nächstes Jahr wieder bekommen könnte, weil er nicht weiß, ob er dann noch angestellt ist. Und es ist noch schlimmer in den Grundschulen, wo kleine Kinder Vertrauenspersonen brauchen. Wenn die jährlich wechseln, ist das eine ganz traurige Geschichte.

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Frau Dr. Weigand im Interview mit dem Sidekick: „Die Basis bei der CSU stöhnt ja auch immer auf, wenn Herr Seehofer wieder den nächsten dummen Spruch gesagt hat.“ Foto: Sebastian E. Bauer

Ein viel diskutiertes Thema ist das Handyverbot. Es gibt Stimmen, die sagen, dass ein solches Handyverbot nicht mehr zeitgemäß ist. Was halten Sie davon?

Man kann das Handy aus der Schule nicht mehr heraushalten. Es ist nun einmal da und das ist auch mit Verboten nicht tot zu kriegen. Was ich schon in Ordnung finde, ist, dass das Handy im Unterricht aus ist. Aber in der Pause ist es doch völlig egal, ob einer mit dem Handy telefoniert oder sonst herumsteht. Ich denke, das liegt auch an der Schülerschaft, die sagt, ich halte mich an diese Regeln und mache im Unterricht nicht damit herum. Das ist, glaube ich, eine Sache, die man nicht verbieten muss und die in den Unterricht integriert werden kann, für Recherche zum Beispiel. Verbote sollten die allerletzte Möglichkeit sein, wenn der Lehrer sagt, jetzt werde ich gar nicht mehr fertig. Gerade in der Unterstufe finde ich es wichtig, dass man, wenn es einem schlecht geht, die Mama anrufen darf. Ein totales Handyverbot halte ich für völlig unzeitgemäß. Bei entsprechender Vermittlung glaube ich nicht, dass das überhandnimmt.

Im Wahlprogramm der Grünen steht auch, dass besser für Datenschutz in der Schule sensibilisiert werden soll. Was halten Sie – unabhängig von Schule – von der Datenschutzgrundverordnung, die viel kritisiert wurde?

Datenschutz ist etwas verdammt Wichtiges. Jeder Mensch hat eine Privatsphäre, und die ist schützenswert. Ich will nicht, selbst, wenn ich nichts zu verbergen habe, dass jeder alles über mich wissen kann. Das ist vielleicht für uns Ältere ein noch empfindlicheres Thema, Ihr gebt wesentlich mehr Daten von euch preis, zum Beispiel auf Facebook, oder jeder twittert da so umeinander. Wenn du als Kind dein erstes Handy bekommst, machst du auf Instagram herum und denkst nicht, dass das die ganze Welt sehen kann und das jemand hochstellen kann. Vielleicht muss man ein Fach einführen für den Umgang mit Social Media. In einer relativ frühen Jahrgangsstufe. Auch bei Bewerbungen später können mit 14 gepostete Inhalte eine Rolle spielen. Datenschutz geht noch weiter: Darf die Polizei auf dein Handy zugreifen? Da sind wir beim Polizeiaufgabengesetz. Also nur auf eine Wischiwaschivermutung hin – drohende Gefahr –, da können wir drei Tage darüber diskutieren, was das ist und wann darf ich zugreifen und in Persönlichkeitsrecht eingreifen. Das ist bedenklich. Wenn Privatsphäre nicht mehr geschützt ist, kann die Öffentlichkeit permanent auf dich zugreifen, dich durchleuchten. Du wirst zum Spielball von Interessen, die du gar nicht kennst. Auf die Facebook-Seite kommt gezielt Werbung. Will ich das? Da muss es schon Regelungen geben, die das regulieren, dass ich sagen kann, dass will ich nicht, löscht das wieder. Eine andere Geschichte ist die Frage, ob man im Bahnhof oder anderen kritischen Stellen im Bahnhof Kameras aufhängt. Da bin ich der Meinung, da kann man darüber diskutieren. Das dient vermutlich weniger der Verhinderung von Verbrechen als der Aufklärung. Von daher kann man schon sagen: An Orten, wo viel passiert, kann man sich schon darauf einigen, dass man das macht. Das ist immer eine Sache der Verhältnismäßigkeit. Ich bin jemand, der nicht gerne sagt, das geht überhaupt nicht. Man muss immer Möglichkeiten finden. Wo ist es sinnvoll und wo lässt man es?

Was der CSU in Bezug auf Bildung sehr wichtig ist, ist die Einhaltung des Föderalismus, wie er im Grundgesetz verankert ist. Dass die Bildungskompetenz bei Bayern liegt und Bayern das selbstverantwortlich tun darf. Wie sehen Sie das?

Föderalismus ist prinzipiell keine schlechte Sache. In bestimmten politischen Gebieten – wir haben es ja nicht überall – kann es sinnvoll sein. Meiner Meinung nach ist es aber schon in Frage zu stellen, dass es kein bundeseinheitliches Abitur gibt. Da steckt immer die Gefahr einer Ungerechtigkeit drin. Ich denke schon, dass man Fächer wie Mathematik, Physik, Englisch ganz leicht zentralisieren kann. Was anderes ist zum Beispiel bei Deutsch: Jedes Bundesland kann da seine eigenen Dialekte pflegen, seine eigene Literatur. Auch in Geschichte kann man sagen, jede Region hat auch ihre eigene Geschichte. In der Grundschule muss das ja auch sein: Wo lebst du, in welcher Stadt, in welcher Region? Da kann man durchaus viele Räume lassen. Aber in anderen Fächern bin ich der Meinung, wäre ein zentrales Abitur nicht verkehrt.

Bildungspolitik geht auch über das Abitur hinaus. Viele Punkte könnte man sicherlich zentralisieren. Im Grundgesetz ist Föderalismus – auch in der Bildung – aber ausdrücklich festgelegt, um antidemokratischen Bestrebungen vorzubeugen.

Ich glaube, dass eine zentrale Lenkung gerade da gar nicht schlecht ist. Stellt Euch bloß einmal vor. In einem Jahr ist in Sachsen Landtagswahl. Wenn es blöd kommt, ist die AfD dort die stärkste Partei. Die kann dann zum Beispiel in Sachsen die Bildungsrichtlinien ändern. Wollen wir das? Dass die in Sachsen zum Beispiel einen anderen Geschichtsunterricht bekommen als wir. Da ist eine zentrale Instanz wichtig, und es sind gewisse Richtlinien einfach einzuhalten. Man muss immer aufpassen, der Föderalismus einerseits bringt Vielfalt und unterschiedliche Möglichkeiten, andererseits lässt er auch Türen offen für Missbrauch. Das wollen wir im Notfall vermeiden können.

Ein wichtiges Thema auch gegen den Rechtspopulismus ist die politische Bildung. Wir haben den Eindruck, dass das politische Wissen und Interesse sehr stark zu wünschen übrig lässt. In der 10. Klasse haben wir beispielsweise das erste Mal Sozialkunde, und das nur einstündig. Was würden Sie da machen?

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, in den Schulen möglichst früh politische Bildung zu verankern. Das kann schon in der Grundschule losgehen, dass man den Kindern erklärt, wer denn entscheidet, wann und wohin der Bus fährt oder wie die Stadtbibliothek offen hat, dass ich meine Kinderbücher oder CDs ausleihen kann, wann das Bürgerfest ist oder wann das Freibad aufmacht. Da kann man schon ganz viel machen, indem man in den Grundschulen Kinder mitreden lässt. Was wollt ihr als Kinder in Eurer Stadt machen? Wir haben als Grüne, ich glaube mit der FDP im Stadtrat beantragt, dass ein Jugendparlament eingeführt wird, damit Jugendliche ein Gremium haben, in dem sie zusammenkommen können, um zu sagen, wir brauchen einen Bolzplatz, oder Ähnliches. Wenn man weiß, dass man etwas bewirken kann, hat man eine ganz andere Teilhabe in der Politik. Aber politische Bildung – ich weiß das von meiner Schulzeit her, da hat man halt etwas über das Grundgesetz gelernt – muss inzwischen angesichts der ganzen rechten Tendenzen viel tiefer gehen. Man muss den Kindern und jungen Leuten eine Wertschätzung für Demokratie vermitteln. Wir nehmen das alles für so selbstverständlich, aber eine Demokratie kann verdammt schnell wackeln. Schaut an, was in der Türkei passiert. Das kann mit Wahlen losgehen. Das hat 1933 hier begonnen, da hat eine Partei namens NSDAP mit 33 Prozent die Macht übernommen. Über Nacht! Vorher haben die etablierten Parteien gesagt, die kriegen wir schon unter Kontrolle. Und da kann man sich verdammt schnell irren. Dass sich jeder einzelne für unsere Demokratie mit ihren Freiheiten und Vorteilen einsetzt, muss man den Schülern ins Bewusstsein rufen. Nicht nur wer wen warum wählt. Was bringt euch denn die Demokratie, ein vereintes Europa? Ich weiß noch, wie man früher an der Grenze gestanden ist. Das gibt es jetzt wieder, dank Seehofer. Für vier Flüchtlinge, die man da jetzt geschnappt hat. Das hat sich wirklich „rentiert“. Wenn man früher nach Italien und Österreich gefahren ist, hat man Geld tauschen müssen, das Geld umrechnen. Wir haben jetzt Freiheit, stehen nicht mehr an den Grenzen, durch Schengen. Ja, es braucht Sozialkunde, aber die sollte vielleicht schon früher anfangen. Was ich auch schade finde: Ich habe das Gefühl, das Engagement lässt nach. Also die Bereitschaft, persönlich zu sagen, ich gehe mal auf eine politische Veranstaltung. Ich gehe mal bei einer demokratischen Partei auf die Liste. Einfach diese Neugier, in der Gesellschaft mitzuentscheiden. Gerade wenn ich ein Problem mit der Politik habe.

Sie haben den Lehrermangel in Bayern angesprochen. Was wären gerade auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Arbeitsmarkt bei Lehrern größtenteils leer ist, Ihre Konzepte? Und wie stehen Sie vor diesem Hintergrund zur Verbeamtung der Lehrer, bei der Bayern eines der wenigen Bundesländer, welches diese noch durchführt?

Eigentlich darf es gar nicht so schwer sein. Im Jahr 2018 werden so und so viele Kinder geboren. Dann weiß ich relativ genau, wie viel 2024 in die erste Klasse kommen. Daraus kann ich ableiten, wie viele Lehramtsstudenten ich an die Uni lasse. Es ist mir schleierhaft, wie es zu einem Lehrermangel kommen hat können, der so eklatant ist, wenn man doch gewusst hat, wie viele Kinder kommen. Der Lehrermangel ist gerade in den Grundschulen so massiv. Völlig verrückt. Die Strategie scheint momentan so zu sein: In ein paar Jahren sind wieder ein bisschen weniger Kinder da, dann stellen wir auch heute lieber weniger Lehrer ein. Sonst haben wir später vielleicht ein paar Lehrer zu viel, die wir zahlen müssen. Wäre es denn ein Schaden, wenn man dann ein paar Lehrer mehr hat und dadurch kleinere Klassen bilden kann? Das kostet halt Geld. Aber wenn uns in einem ressourcenarmen Land wie Deutschland die Bildung nicht wichtig ist, können wir gleich dicht machen. Wenn wir da sparen, dann sparen wir am Eingemachten. Das ist sowas von zukunftszerstörend. Die Lehrer, die es dann mehr gibt, können bei der Inklusion helfen, bei der es sowieso sonst eine Begleitperson bräuchte. Da kann man doch verdammt nochmal was machen. Freilich gibt es immer einen Unsicherheitsfaktor. Aber bevor ich zu wenig habe! Das würde mir als Kultusministerin nicht passieren.

Verbeamtung ist zum Teil auch schon ein bisschen ein alter Topf. Man kann darüber diskutieren, inwiefern für jeden Lehrer dringend eine Verbeamtung nötig ist. Durch die Verbeamtung habe ich die Handhabe gegen Lehrer, die sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Ich bin nicht grundsätzlich gegen Verbeamtung. Aber da müsste man grundsätzlich drüber diskutieren, was es bringt, was es kostet. Wenn man sagen kann, ich verbeamte nicht mehr und kann mir dafür viele weitere Lehrer leisten, dann kann man darüber reden. Die Kinder werden es in der Schule nicht spüren, ob ihr Lehrer Beamter oder Angestellter ist. Das ist eine reine Verwaltungsüberlegung und Kostenfrage.

Rechtspopulismus: „Wir müssen die sozialen Probleme lösen.“

Kommen wir zum Rechtspopulismus. Die Ereignisse in Chemnitz haben für Aufsehen gesorgt. Glauben Sie, dass so etwas ein regional begrenztes Problem ist, auch durch die Geschichte Sachsens und des Ostens bedingt, oder könnte so etwas auch im Rest Deutschlands vorkommen?

Ich glaube nicht, dass das ein regional begrenztes Problem ist. Es ist generell ein Problem, das aber in bestimmten Gebieten, in denen die Netzwerke der Rechten besonders gut funktionieren, besonders leicht aufflackert und sich besonders extrem auswirkt. Es hat überall Übergriffe auf Flüchtlinge gegeben. Aber in den neuen Bundesländern hat man in der Geschichte der DDR schon Übergriffe auf Vertragsarbeiter damals aus Kuba gehabt. In Sachsen haben die Rechten eine besondere Vernetzung. Das geht da drüben vielleicht ein bisschen leichter, weil die Unzufriedenheit größer ist. Die neuen Bundesländer hinken immer noch hinterher. Es gibt immer noch Menschen, die sich abgehängt fühlen – es vielleicht nicht einmal sind, aber deren Hoffnungen sich nicht so erfüllt haben, wie sie sich es versprochen haben. Es ist ganz wichtig, dass man sozial ansetzt, dass die nicht mehr den Grund haben, zu sagen, wir haben nichts und die schon. Das stimmt ja gar nicht. Das sind alles bloß Emotionen und subtile Empfindungen. Ich glaube auch, dass in Sachsen speziell strukturell-politisch etwas passieren muss in den Verwaltungen, in der Polizei, in der Regierung, in der man viel zu lange nicht durchgegriffen hat. Es passieren Dinge, die fatal an das, was vor der Machtergreifung der Nazis passierte, erinnern. Wenn ich die Bilder sehe, wird mir als Historikerin Angst. Weil die so gewaltbereit sind und das Gehirn ausgeschaltet haben, dass man denen nichts Rationales entgegensetzen kann.

Sehen Sie die bayerische Polizei für so etwas gerüstet, das heißt, dass sie in der Lage wäre, den Rechtsstaat gegen Demonstrationen durchzusetzen?

Ja, ich bin der Meinung, die Polizei ist gerüstet. Die Polizei hat Personalmangel, den man aber durchaus beheben kann. Da habe ich gar nichts dagegen. Wir brauchen keine Kavallerie, die jetzt der Söder wieder eingeführt hat. Das ist eine unglaublich populistische Aktion. Wir brauchen Cybercops, die den ganzen Tag in den Netzwerken suchen und bei Bedarf Anzeige erstatten. Das ist die Kriminalität der Zukunft. Ich brauche keine Grenzpolizei oder längere U-Haft. Was ich schon finde, dass man einen Polizisten an Namensschild oder Nummer erkennen darf. Denn wenn der Polizist sich nicht ordnungsgemäß verhält, habe ich dann eine Handhabe. Ich finde es mehr als fair, dass wir beide voneinander wissen dürfen, wer wir sind.

Die Grünen haben sich für eine Beobachtung für den Verfassungsschutz ausgesprochen. Sehen Sie das genauso? Dagegen spräche, dass Herr Gauland selber gesagt hat, dass eine Beobachtung der AfD nur mehr Wähler bringen würde, durch eine Stilisierung in die Opferrolle, und dass, wenn Punkte aufkommen, die einer Rechtfertigung der Beobachtung im Wege stehen, die AfD darauf hinweisen könnte, dass sie überhaupt nicht gegen die Verfassung sei.

Die AfD, die gemeinsam mit Pegida und der definitiv faschistischen Identitären Bewegung marschiert, ist überprüfungswürdig. Die Gefahr, dass es Ihnen nützt, sehe ich nicht so sehr, da sie sich sowieso in der Opferrolle stilisieren. Was fatal wäre, wie es bei der NPD passiert ist, wäre ein Verbotsantrag, bei dem nichts herauskommt, weil man nicht genug in der Hand hält. Ich bin dafür, alle Instrumente, die AfD einzudämmen, einzusetzen. Ich bin der Überzeugung, dass es genug Gründe gibt. Die müssen wissen, dass man Ihnen im Genick sitzt. Vielleicht reicht es schon, einzelne besondere Personen zu überwachen, oder wie in Bremen, die Jugendorganisationen zu kontrollieren.

Wie stehen Sie zur Beobachtung der bayerischen Linken, in deren Teilen der Verfassungsschutz auf extremistische und die Gesellschaftordung gefährdende Teile hinweist?

Ich halte die linke Gefährdung für lange nicht so stark wie die von rechts. Sicherlich gibt es auch da Extreme, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Und wenn Gewalt angewendet wird, muss man Linke wie Rechte verfolgen. Wenn ich rechts schaue, muss ich natürlich auch links schauen. Mein Eindruck ist aber, dass man momentan auf dem rechten Auge blind, oder zumindest stargefährdet ist. Gerade in Bayern wird immer geschrien, aber was passiert denn in Bayern?

Sie sehen da also eine Ungerechtigkeit?

Ja, ich sehe die Brisanz der Linken Extremen bei Weitem nicht so.

Wie kann man den Rechtspopulismus langfristig bekämpfen, um nicht auf einzelne, teilweise laienhafte Versuche angewiesen zu sein?

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Dr. Weigand: „Wenn wir uns Europas nicht annehmen und zusammenstehen, dann sind wir niemand und nichts.“; Foto: Sebastian E. Bauer

Der Rechtspopulismus ist deswegen so groß geworden, weil sich viele in den letzten Jahren nicht mehr mitgenommen gefühlt haben, besonders im Osten. Ich glaube, dass die Wurzel des Problems im Sozialen liegt. Wenn man es hinbringt, die Leute zufriedener zu machen, die soziale Schere zuzuklappen, dann rennen die nicht mehr den Rechten nach, dann ist das irgendwann ein kleiner vernachlässigbarer Haufen. Wir müssen uns um Folgendes kümmern: Wohnen. Damit es keine Leute gibt, die zwölfhundert Euro verdienen, aber keine Wohnung unter 700 Euro bekommen. Wie soll ich da leben? Viele gerade in Ostdeutschland bei den Demonstrationen Mitlaufende sind im Rentenalter. Die haben eine läppische Rente nach einem langen Arbeitsleben und das Gefühl, die anderen bekämen alles geschenkt. Das empfinden sie als ungerecht. Die sehen, was die Manager verdienen, die Banken, die Versicherung, dass die Autoindustrie Rekordgewinne macht, sie aber selber darunter leiden, wenn sie mit ihrem Diesel nicht mehr in die Stadt dürfen. Wir müssen denen eine Perspektive geben. Die jungen Arbeitslosen gerade in den neuen Bundesländern müssen wir irgendwie wieder in den Job holen, egal auf welchen Posten, auch wenn das staatsfinanzierte Jobs sind. Man muss der AfD die Leute wegnehmen, sodass sie sich wieder bei den normalen Parteien aufgehoben fühlen, wie Grüne, SPD und CSU.

Glauben Sie, dass man die AfD auch langfristig wieder aus den Parlamenten verdrängen könnte, indem man die sozialen Probleme löst, die auf die Flüchtlingsfrage projiziert werden?

Ja, das wird nicht so schnell gehen, aber ich glaube, dass das der sicherste Weg ist, um die AfD wieder kleiner zu machen und da müssen wir dringend angreifen. Was mich ärgert, ist, dass momentan in der politischen Diskussion immer bloß Flüchtlinge als das Problem dargestellt werden. Wenn Sätze wie „Die Migration ist die Mutter aller Probleme“ keine Zündeleien sind, weiß ich auch nicht. Die Mutter aller Probleme ist doch die Tatsache, dass viele sich nicht mehr mitgenommen fühlen, da muss man ansetzen. Wir müssen gucken, dass vor allem finanziell schwache Familien gefördert werden, aber das Anwaltsehepaar braucht doch keine kostenlose KITA. Hilfe muss stärker auf Ärmere konzentriert werden. Auch in der Pflege ist einiges zu tun. Jeder muss sich im Alter ein Pflegeheim leisten können.

Sie haben schon gesagt, dass Sie die Wähler zu den „demokratischen Parteien“ zurückholen wollen. Ist es da nicht auch ein Problem, dass diese es nicht schaffen zusammenzustehen, zum Beispiel, wenn jetzt jede Partei das „Böse“ gleich rechts neben sich sucht, die Grünen dann bei der CSU?

Wir haben am Anfang sogar überhaupt nichts gegen eine Koalition mit der CSU gehabt und uns da erst abgegrenzt, als die Wortwahl von Seehofer und Söder so aus dem Ruder gelaufen ist. Wenn der eine von Asyltourismus spricht und der andere Flüchtlinge für alle Probleme in Deutschland verantwortlich macht, dann können wir mit denen nicht arbeiten.

Es gibt ja da auch einige Veränderungen in der Parteienlandschaft im Moment, die ehemaligen Volksparteien verlieren zunehmend an Stimmen. Man kann da auch nach Frankreich schauen, oder in andere Länder. Glauben Sie, dass das ein langfristiger politischer Trend ist?

Ich fürchte ja. Denn diese Volksparteien haben sich zu einer Zeit etabliert, als das Wählerverhalten noch relativ fix war. Da waren Familien schon seit Generationen FDP-, CSU- oder SPD-Wähler, da hat es auch noch eine Arbeiterschaft gegeben, die sich als Links definiert hat. Das gibt es jetzt alles nicht mehr. Die Leute entscheiden am Tag vor der Wahl, wen sie wählen. Nach dem Krieg sehnte man sich nach Konstanz und Sicherheit. In der Weimarer Republik hat man ja gesehen, wozu alle diese kleinen Parteien geführt haben. Darum hat man gesagt, ich bin jetzt eher konservativ, oder eher linksliberal. Damals wollte man keine Experimente. Damit hat sogar Adenauer geworben: „Keine Experimente“ war sein Wahlkampfslogan. Dieses Gefühl, die Bindung an die Parteien ist einfach nicht mehr da. Man sieht ja auch, dass die Politiker in den Kommunen ein ganz anderes Lied singen, als die an der Spitze. Die Basis bei der CSU stöhnt ja auch immer auf, wenn Herr Seehofer wieder den nächsten dummen Spruch gesagt hat.

Wäre da eine Amtszeitbegrenzung eines Ministerpräsidenten oder Kanzlers eine gute Idee aus Ihrer Sicht?

Ich halte es für eine gar nicht so schlechte Idee. Lange Amtszeiten verlaufen da oft in der Selbstgefälligkeit und im Festklammern an die Macht. Es fehlt einem dann irgendwann einfach an Ideen und man wird zum Auslaufmodell.

Könnte Bayern nicht wirtschaftlichen Schaden nehmen, wenn es keine stabilen Mehrheiten durch Volksparteien, speziell der CSU, gibt?

Ich glaube nicht, dass Koalitionsregierungen der Wirtschaft schaden. Eher im Gegenteil. Das tut uns allen gut, wenn die Wirtschaft nicht nur mit einer Partei im Hinterzimmer verhandeln muss, sondern wenn zum Beispiel die Autoindustrie uns allen erklären muss, warum sie das tut, was sie tut. Ich bin da der Meinung, die absolute Mehrheit ist der Feind der Demokratie.

Aber ist das nicht einfach für Bayern ein Nachteil, wenn die CSU dann auch auf Bundesebene nicht mehr so stark für Bayern eintreten kann?

Wenn wir für Bayern etwas wollen und gute Argumente haben, dann kann das jede bayerische Regierung im Bund vortragen.

Umwelt: „Es wird in Zukunft nicht mehr jeder sein eigenes Auto haben können.“

Kommen wir zur Umweltpolitik. In Deutschland gibt es Probleme bei der Einhaltung von Nitratgrenzwerten in den Böden. Wie wollen Sie das effektiv senken?

Wir müssen den Bauern helfen, von der extremen Düngerei wegzukommen. Zum Teil geht das einfach durch die richtigen Informationen, welche Feldfrüchte düngeintensiv sind. Und wir brauchen neue Düngeverordnungen. Auch muss man Wege finden, die überschüssige Gülle richtig zu entsorgen. Aber da darf man auch nicht mit dem Finger auf die Landwirte zeigen, denn eigentlich muss ein Landwirtschaftsministerium den Bauern Wege und Angebote geben, um diese zu unterstützen. Auch wird man in Zukunft mehr auf Pflanzen setzen, die hitze- und trockenresistenter sind, um sich auf den Klimawandel einzustellen. Klar muss am Ende aber auch sein, im Moment können wir nicht alle nur mit Biolandwirtschaft ernähren. Es muss nicht Bio sein, regional reicht auch schon. Die Systeme müssen sich immer weiter annähern. Ein großes Problem, das wir jetzt und schnell bekämpfen müssen, ist auch die Massentierhaltung. Die Agrarindustrie kann man sehr wohl einschränken. Aber den kleinen Landwirten muss man helfen. Da sollten die Subventionen dann auch vor allem den kleineren zur Verfügung stehen und nicht zum größten Teil an die großen Industriebetriebe ausgezahlt werden.

Sie haben es jetzt schon erwähnt, man müsste die Subventionen aus Ihrer Sicht umstellen. Die Grünen riefen da das Motto „Öffentliches Geld für öffentliche Leistung“ aus. Da geht es auch stark um EU-Fördermittel. Glauben Sie, dass man das auch durchsetzen kann, angesichts dessen, dass gerade Frankreich zum Beispiel ganz massiv von den Fördermitteln profitiert?

Wenn man einmal von Osten nach Westen durch Frankreich fährt, merkt man, dass es viel stärker ein Agrarland als Deutschland ist. Aber auch Frankreich will nicht mehr Flüchtlinge haben, die entstehen, wenn wir mit unseren Überschussprodukten aus der Massentierhaltung den afrikanischen Markt überschwemmen und dort die Bauern in die Armut treiben. Wenn man, wie in der EU, mit vielen Partnern verhandeln will, ist es eben eher eine Politik der kleinen Schritte. Aber es muss allen klar sein, dass die großen Themen Sozialpolitik, Finanzpolitik, der Klimawandel, Migration und auch die Verteidigung nur durch die EU als Ganzes behandelt werden können. Die Zeit in der ein Staat alleine auch nur ansatzweise ein großes Problem lösen konnte, ist längst vorbei. Das muss man endlich kapieren, wenn wir uns Europas nicht annehmen und zusammenstehen, dann sind wir niemand und nichts, dann werden wir auch auf der Weltbühne keine Rolle mehr spielen. Wir müssen endlich wieder weg vom Nationalismus, der überall hochkocht. Nur gemeinsam als Kontinent können wir etwas bewegen.

Eine erneuerbare Energiequelle ist die Windkraft, die von den Grünen auch immer wieder begrüßt wird. In Bayern gibt es die umstrittene 10-H-Regel, die die Grünen immer wieder kritisieren. Jetzt gibt es gerade von der CSU einige Kritik an Windkraft. So würde die Vogelwelt durch Windräder belastet und gerade Bürger auf dem Land müssen durch diese Einschränkungen hinnehmen, für Strom, der viel in den Städten verbraucht wird. Glauben Sie nicht, dass angesichts dessen die Windkraft nicht die beste Wahl ist?

Wir wissen alle, dass das Erdöl endlich ist. Wir wissen alle, spätestens nach Fukushima, dass die Kernkraft unkalkulierbar ist, vor allen Dingen die Endlagerung. Was wollen wir denn machen? Natürlich ist es nicht hübsch, ein Windrad in der Landschaft zu sehen. Das gefällt mir auch nicht. Aber die Frage nach der Alternative stellt sich dann eben. Wo soll denn die Energie herkommen? Wenn ich durch Deutschland fahre, sehe ich schon, dass in Bayern noch wesentlich weniger Windkraft vorhanden ist, als in anderen Ecken des Bundes. Da glaube ich schon, dass man noch Potenzial hat. Außerdem kann man ja über die Standorte verhandeln. Aber eine solche Sparte praktisch per Gesetz komplett abzuwürgen ist einfach extrem rückwärts orientiert und zukunftsfeindlich. Im Übrigen kostet das auch Arbeitsplätze. Nur mal zum Vergleich: In der Braunkohle haben wir bundesweit ca. 20 000 Arbeitsplätze. Bei der Windkraft zwischen 160 000 und 180 000. Aber am Ende erscheinen mir die Windparks in der Nordsee auch wesentlich praktikabler. Die Vögel sind zwar ein Problem, aber da lässt sich bestimmt auch irgendetwas austüfteln. Als Laie sage ich – vielleicht etwas mit Schallwellen. Wenn man zum Mond fliegen kann, dann kann man sich da bestimmt auch etwas einfallen lassen.

Die Grünen fordern die sehr zügige Abschaltung der Atomkraftwerke in Bayern, entgegen den Plänen der Landesregierung. Bayern hat 2017 erstmals weniger Strom produziert, als konsumiert. Ist es angesichts dessen nicht besser die Anlagen etwas länger laufen zu lassen, um auch die Kohlekraftwerke zuerst abzuschalten, die auch eine große Belastung für das Klima darstellen?

Das könnte man verhandeln, wenn die Bereitschaft Kohlekraftwerke abzuschalten vorhanden wäre. Aber das will ja vor allem die SPD nicht. Ich habe Verwandtschaft, die bei Grafenrheinfeld wohnt, da ist die Leukämierate hoch. Darüber wird nichts gesagt. Aber die Windräder sind ein Problem! Das ist verlogen. Außerdem bin ich für eine dezentrale Energieversorgung. BHKWs, Kraft-Wärme-Kopplung. Wasserstoff. Wir müssen neue Wege gehen.

Die Grünen setzten sich auch dafür ein, dass bei der Dämmung von Häusern noch höhere Standards gesetzt werden. Jetzt geht es da um relativ geringe Einsparungen, so argumentieren einige, wenn man sich im Vergleich mal einige Entwicklungsländer anschaut. Könnte man mit dem vielen Geld, mit dem man hier kleinere Verbesserungen durchführt, nicht besser Anreize für Entwicklungsländer schaffen, damit diese ihre sehr dreckigen Kohlekraftwerke abschaffen und man damit einen höheren Mehrwert hat?

Entwicklungshilfe muss man natürlich auch völlig anders aufstellen. Jetzt ist sie wieder gekürzt worden, da sieht man mal, wohin die Tendenz geht. Aber Dämmung mit Entwicklungshilfe gegenzurechnen, ist schon sehr weit an den Haaren herbeigezogen. In Deutschland geht wahnsinnig viel Energie gerade bei Altbauten verloren. Da muss man einfach eine bessere Dämmung subventionieren. In Afrika muss man auch mit Sonnenenergie oder mit Pflanzen wie Jatropha arbeiten, aus denen man Energie gewinnen kann. Und am Ende muss man das Geld doch nicht da wegnehmen, wo es dringend der Umwelt wegen gebraucht wird. Wenn wir Subventionen für die Autoindustrie kürzen, oder Steuersünder konsequent verfolgen, haben wir genügend Geld für Entwicklungshilfe und Dämmung zu Verfügung.

Wie sehen Sie die Zukunft des Individualverkehrs?

Es wird in den Städten zwangsläufig immer weniger werden. Die Entwicklung geht ganz klar dahin, dass die Luft dort so schlecht wird, dass wir uns überlegen müssen, ob die Gesundheit der Leute, oder die Möglichkeit, dass man mit dem Auto in die Stadt fahren kann, wichtiger ist. Natürlich muss das einhergehen mit einem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, die dann auch billiger werden müssen, aber man sieht ja zum Beispiel in London, dass das funktioniert. Und die ersten Fahrverbote kommen jetzt auch in Deutschland, also müssen andere Lösungen her. Es muss auch in Deutschland möglich sein, dass, wie in Wien, man eine Jahreskarte des ÖPNV für 365 Euro erwerben kann.

Das heißt Sie unterstützen den Vorstoß des Ministerpräsidenten Söder jetzt, der genau so eine Jahreskarte fordert?

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Dr. Weigand: „Das ist sowas von zukunftszerstörend.“ Foto: Sebastian E. Bauer

Ja, aber warum wurde das schon nicht längst gemacht? Die CSU ist in Bayern seit 1957 an der Regierung. Das wird nach der Wahl doch wieder vergessen.

Wie stellen Sie sich denn die Finanzierung vor, da hat Herr Söder auch noch nichts zu gesagt?

Der ÖPNV ist eine Grundaufgabe der öffentlichen Hand, das muss finanzierbar sein. Im Notfall mit Steuergeldern. Aber man könnte dafür auch große und meist unnütze Autos wie SUVs stärker besteuern. Das braucht doch eigentlich wirklich fast niemand in der Stadt. Dass jeder noch das Auto als Prestigeobjekt sieht, ist ein riesiges Problem. Es wird in Zukunft nicht mehr jeder sein eigenes Auto haben können, zumindest in den großen Städten.

Sie haben jetzt hauptsächlich über die Stadt gesprochen. Wie kann man die öffentlichen Verkehrsmittel besser auf dem Land installieren?

Das ist ganz wichtig, man braucht eine gute Anbindung auch auf dem Land, das ist natürlich gerade mit der Finanzierung auch ein Problem, aber wir brauchen einfach diese Infrastruktur, sonst können wir den Zuzug in die Städte einfach nicht stoppen. Und auch auf dem Land könnte Car-Sharing eine Idee sein. Wenn ich dann in einem Dorf mit 100 Häusern bin, kann die Kommune mal drei Autos hinstellen, auf die dann alle zugreifen können. Die Grünen wollen eine Mobilitätsgarantie für das Land geben: Zwischen 5 Uhr und 24 Uhr wenigstens jede Stunde ein Bus oder eine S-Bahn.

Sie haben in Ihrem Wahlprogramm auch geschrieben, dass sie deutlich weniger Bedarf für Individualverkehr auch im Güterverkehr schaffen möchten. Allein die Logistikunternehmen haben durch Online-Handel einen Zuwachs von 8-10% erlebt. Glauben Sie, dass da Maßnahmen gegen Großhändler wie Amazon notwendig sind und braucht es da auch ein gesellschaftliches Umdenken?

Ja, das ist ein ganz schwieriges Terrain. Einerseits wollen wir, dass die Leute ihre Autos stehen lassen, aber andererseits muss die Pakete halt auch jemand bringen. Grundsätzlich hatten wir aber schon vor Amazon & Co. das Phänomen, dass sich die Lagerhaltung auf die Straße verlegt hat. Da könnte man dann auch sagen, man hat drei Tage Lieferzeit und dafür kommt es dann aus einem Zentrallager. Wir müssen auch versuchen, mehr Transport auf die Schiene zu bekommen. Die Bahn muss da natürlich auch ein bisschen aus ihrer Trägheit heraus und schauen wie man die Sache billiger und schneller macht. Aber man muss natürlich auch realisieren, dass es besser ist, die Produkte bei kleinen und regionalen Händlern zu kaufen, als online oder bei irgendeiner Kette.

War die Privatisierung da vielleicht auch ein Fehler?

Ich denke bei so immens wichtigen Strukturen darf man nicht immer alles in private Hand geben. Dass regionale Linien auch privat betrieben werden können, kann ich mir gut vorstellen. Aber bei den Fernverkehrsstrecken möchte ich als Politiker schon gerne ein Auge darauf haben.

Wie würden Sie als Grüne, wenn Sie in Bayern an der Regierung wären, auf BMW Einfluss nehmen, dass sie zum Beispiel die Entwicklung mit der E-Mobilität nicht verschlafen?

Man kann Einfluss nehmen, indem man bestimmte Dinge subventioniert, oder nicht subventioniert, oder man kann größere Motoren wesentlich stärker besteuern. Es ist ja auch nicht so, dass man bei der Autoindustrie nicht genau wüsste, dass der Trend in Richtung E-Mobilität geht. Aber es hat ihnen eben kurzfristig mehr Geld gebracht mit falschen Abgaswerten zu betrügen. Meiner Meinung nach wird die deutsche Autoindustrie ihre Stellung auf dem Weltmarkt verlieren. Die Asiaten sind bei der Elektromobilität schon um Lichtjahre voraus.

Zu Anfang des Wahlkampfes war der Flächenfraß für die Grünen ein sehr wichtiges Thema. Da wurde ein Volksbegehren initiiert, dass aber vom bayerischen Verfassungsgerichtshof wieder gekippt wurde, aufgrund mangelnder Pläne. Glauben Sie, dass das letztendlich leichtfertig und ein Schuss in den Ofen war, ohne konkrete Pläne ein solches Begehren zu initiieren?

Leichtfertig war das überhaupt nicht, wir haben auch unsere Experten und Verfassungsrechtler. Offenbar gab es formale Probleme; wir sind da sehr enttäuscht und arbeiten daran, das in Zukunft besser zu machen. Ich finde es schlimm, dass der kontinuierliche Flächenfraß mir meine Heimat kaputt macht. Bayern steht da an der Spitze, unnötigerweise. Denn wir haben Leerstände in Gewerbegebieten für mindestens 10 Jahre, ohne dass neue ausgewiesen werden müssten.

Migration: „Ein Einwanderungsgesetz hätten wir schon vor 30 Jahren gebraucht.“

Kommen wir nun zum Thema Migration. Wie sehen Sie die Armutsmigration der Zukunft, speziell aus Afrika?

Die Armutsmigration wird das Thema der nächsten Generation sein, ohne Frage, solange wir nicht aufhören eine Art „Wirtschaftskolonialismus“ zu betreiben. Wenn wir beispielsweise riesige Mengen Milch, die wir nicht brauchen und auch noch kräftig subventioniert werden, in Form von Milchpulver nach Afrika verbringen, zerstören wir das Geschäft der kleinen Milchbauern dort, weil die ihre Milch natürlich nicht so billig verkaufen können.

Das heißt Sie sehen die Lösung der Armut nicht in der Migration nach Europa, sondern im Aufbau und im fairen Unterstützen der Entwicklungsländer?

Ja, im Aufbau eigener Strukturen, und dass wir sie nicht mehr ausnutzen.

Wie stehen Sie denn zu einem Einwanderungsgesetz, sind Sie dafür?

Ja, klar. Ein Einwanderungsgesetz hätten wir schon vor 30 Jahren gebraucht. Dass die Union das schon immer blockiert hat, mit der Begründung Deutschland sei kein Einwanderungsland, grenzt ja schon an Realitätsverweigerung. Unser Wirtschaftswunder ist doch nur mehr oder weniger durch Gastarbeiter möglich geworden. Natürlich muss ich dann schauen, wen wünschen wir uns denn bei uns. Das können wir dann kontrollieren. Und wir brauchen in Zukunft immer mehr Arbeitskräfte.

CDU und CSU sehen ein Einwanderungsgesetz mitunter auch mit der Begründung kritisch, dass hochqualifizierte, in den Entwicklungsländern gebrauchte Fachkräfte nach Deutschland auswandern und dort noch größere Lücken hinterlassen.

Bullshit! Wisst ihr, was die beste Entwicklungshilfe momentan ist? Die Gelder, die Immigranten von hier an ihre Verwandten schicken. Ich habe einen Bericht über ein Dorf in Zentralafrika gelesen. Dieses Dorf hat einen Generator, eine Schule, eine Krankenstation, bei der jede Woche eine Krankenschwester vorbeischaut, und einen Laden. Als sie von Journalisten gefragt wurden, ob sie das mit Entwicklungshilfe gemacht hätten, sagten die, dass vier von denen in Europa sind und an ihr Dorf daheim das Geld schicken. Da kommt jeder Cent an. Wer sagt denn, dass jemand, der über das Einwanderungsgesetz gekommen und eine Ausbildung gemacht hat, nach zehn Jahren nicht wieder zurückkehrt, weil er Geld gespart hat, und sich dort ein Haus baut und irgendein Geschäft eröffnet. Die haben dort doch gar keine Möglichkeit auszubilden.

Europa: „Wir haben den Frieden nicht gepachtet.“

Erklären Sie für unsere jungen Leser, warum Europa wichtig ist.

Europa ist der Garant für Frieden. Wir hatten in den letzten hundert Jahren zwei Weltkriege. Damit sich so etwas nie wiederholt, brauchen wir ein vereintes, friedliches Europa, in dem alle miteinander reden. Wer glaubt, dass ein europäischer Krieg nicht mehr passiert, schaue nach Jugoslawien und die Ukraine. Es ist nicht so, dass wir heute den Frieden gepachtet haben und nichts dafür tun müssen. Wir brauchen die EU als Wirtschaftsunion, weil wir uns nur so gegen die großen Wirtschaftsmächte behaupten können. Und wir brauchen Europa als Wertegemeinschaft. Ein Europa, in dem die grundgesetzlichen Werte der Demokratie und Freiheit und Toleranz festgeschrieben sind. Deswegen müssen wir auch so aufpassen, dass die in Polen nicht abdriften. Ich bin der Meinung, Europa ist die Basis für unseren Wohlstand und unser friedliches Zusammenleben. Auch wenn es überall ziepft und kracht: Da müssen wir drüber, das muss uns auch Geld wert sein. Zum Beispiel durch das Erasmusprogramm kommt ihr überall hin. Da lernt ihr euch kennen. Wenn ich in Ungarn studiert habe, oder ein russischer Student in Berlin, dann werfe ich da schon einmal keine Bombe hinein und umgekehrt.

Wie sehen Sie die Aufgaben der EU in der Zukunft, wo doch gerade auch vieles gegen sie arbeitet?

Ich glaube, die allerwichtigste Aufgabe ist, die Werte wieder zusammenzubringen. Diese

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Dr. Weigand: „Ich selber wüsste gar nicht, wie ich ohne Bücher existieren sollte.“ Foto: Sebastian E. Bauer

spalterischen Tendenzen, die es – das ist das Traurige – in allen Ländern momentan gibt, sind ganz gefährlich; in Italien wird es krachen. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass sich die Menschen wieder mehr mit Europa identifizieren, dass mehr Nähe für den einzelnen Bürger für Europa spürbar ist. Ich bin der Meinung, dass mehr direkt gewählt werden sollte. Der EU-Kommissionspräsident sollte sich den Leuten in den einzelnen Ländern dringend vorstellen. Klar gibt es viel Bürokratie in Europa, aber es gibt bei so vielen Ländern auch verdammt viel zu regeln, mehr als bei einem Land. Manchmal kommt vielleicht auch was Unsinniges heraus – aber das mit den Gurken haben wir ja wieder im Griff. Grundsätzlich müssen wir in Europa auch nach dem sozialen Frieden schauen, dass die in Südeuropa nicht abgehängt werden. Da muss man mit Subventionen arbeiten. In den letzten Jahren ist der Eindruck entstanden, dass die Deutschen alles diktieren. Da müssen wir vorsichtig sein. Wir brauchen Europa auch für Staaten wie Griechenland, dass es die auffängt. Dort geht es jetzt wieder bergauf. Was nicht sinnvoll ist, um es den Leuten näher zu bringen, ist, die Politiker, die wir nicht mehr brauchen, dorthin zu entsorgen, wie den Stoiber und den Öttinger, damit sie daheim keinen Unsinn mehr machen.

Soll der Kommissionspräsident direkt vom Volk gewählt werden?

Ja. Mehr direkte Demokratie. Ein schöner Spruch von Willy-Brandt: „Mehr Demokratie wagen.“ Das ist immer ein Risiko, aber ich glaube, damit bindet man die Menschen ein. Direkte Demokratie kann niemals schaden.

Wie weit sollte Ihrer Meinung nach Europa zusammenwachsen und wie stehen zu der Maximalforderung von Martin Schulz nach Vereinigten Staaten von Europa bis 2025?

Das ist eine schöne Vision, aber bis 2025 ist völlig utopisch. Da müssen wir die EU erst einmal nach dem Brexit auf die Beine bringen, sowie Polen, Ungarn und die Visegrad-Staaten wieder hereinholen. Dann kann man weiter marschieren. Irgendwann ja, das ist auch meine Vision, aber da müssen noch 25 Jahre ins Land gehen. Das sehe ich höchstens mittelfristig. Nichtsdestotrotz wäre das die politische vernünftige Fortentwicklung der Europaidee. Wir haben mehr, das uns verbindet, als was uns trennt.

Denken Sie, dass Staaten in Europa weiterhin bestehen sollten, in dem Prinzip der Nationalstaatlichkeit?

Der Nationalstaat ist doch ein Prinzip der Vergangenheit, das ist ein uralter Hut. Den haben wir irgendwann einmal gebraucht, um die Monarchien zu stärken. Was ist denn ein Nationalstaat? Wie viele Ausländer dürfen in ihm leben? Wie definieren wir denn den Nationalstaat? Über Sprache, Kultur, Wirtschaft? Die Zukunft liegt darin, dass wir Grenzen durchlässig machen. Was bringt denn Abschottung? Wenn ich mein Haus als Nationalstaat betrachte, und eine Mauer zu meinen Nachbarn baue, was hab ich dann davon? Viel schöner ist es doch, mit denen zu reden, sich gegenseitig zu helfen.

Und ein Europa der Regionen, wie es der Herr Freller im Sidekick-Interview angesprochen hat, welches stark durch Diversität ist?

Das ist kein Nationalstaat, das ist etwas anderes. Man könnte zum Beispiel sagen, dass Bayern und Österreich eine Wirtschaftsregion bilden. Regionen sind aber offen. Ein Nationalstaat ist letztlich ein Gefängnis.

Soziales: „Wir müssen den sozialen Frieden herstellen.“

Wie würden Sie die gute bayerische Finanzlage in Bezug auf Sozialpolitik nutzen?

Ich würde enorm in Wohnungsbau investieren. Wenn man wie Markus Söder 30.000 Sozialwohnungen verkauft und irgendwelche Vorschriften der EU als Grund angibt, was gar nicht stimmt, und dann triumphal eine Wohnungsgesellschaft gründet, die bis 2025 zweitausend Wohnungen baut, dann ist das eine Unverschämtheit. Wir müssen in die Pflege investieren, da brauchen wir Arbeitskräfte. Ein Freund von mir ist Syrer, der ist seit vier Jahren da und arbeitet in einer Werkstatt, der würde so gerne mit Menschen arbeiten und eine Ausbildung als Altenpfleger oder Physiotherapeut machen. Warum können wir nicht eine Gesetzeslage schaffen, die ihm das ermöglicht? Wir brauchen des Weiteren in Bayern eine Pflegekammer, die andere Bundesländer längst haben. Wir brauchen Armutsbekämpfung. Was mich wahnsinnig stört, ist, dass Armut immer noch weiblich ist, die alten Frauen sind das und die Alleinerziehenden. Dass wir in einem der reichsten Länder der Erde, in dem Bayern eines der reichsten Bundesländer ist, immer noch Kinder haben, die beim Klassenausflug vorgeben, krank zu sein, weil sie nicht genügen Geld haben, die nicht zum Kindergeburtstag gehen, weil sie kein Geschenk kaufen können. Wenn wir den sozialen Frieden herstellen, rennen die Leute auch nicht mehr zur AfD. Kindergarten und Hort werden wir uns kostenlos noch nicht ganz leisten können, aber für Einkommensschwache kann man das doch reduzieren. Auch viele Erziehungsaufgaben müssen dort übernommen werden.

Die Große Koalition hat die doppelte Haltelinie für die Rente beschlossen. Die Union verweist gerne auf die Rentenkommission. Wie sehen Sie die Distanzierung der Rente in Zukunft und bieten da nicht alle Parteien, auch die Grünen, zu wenig an, weil sie Angst haben, den Bürgern zu sagen, dass beispielsweise das Renteneinstiegsalter steigen wird?

Es ist eines ganz klar: Das Rentensystem, welches wir hier haben, ist nicht zukunftsfähig. Es wird so sein, dass die Rente nicht auf Dauer aus der Rentenversicherung bestritten werden kann, sondern dass die mit Steuergeldern finanziert werden muss. Ich kann überlegen – und ich sage das, auch wenn die mich dann nicht wählen –, warum eigentlich Beamte nichts in die Rentenkasse zahlen. Denn Rentenversicherung heißt nicht, dass ich mich selbst für die Zukunft alimentiere. Das ist eine Leistung für das Gemeinwesen. Und ich verstehe auch nicht, warum Selbstständige nicht einzahlen sollten. Der jungen Generation gegenüber ist das nicht fair, wenn die pro Kopf drei bis vier Rentner finanzieren muss. Da funktioniert der Generationenvertrag nicht mehr.

Wie stellen Sie sich auch angesichts der Digitalisierung, die einer Studie zufolge 30 bis 50 Prozent der Arbeitsplätze überflüssig machen wird, den Arbeitsmarkt der Zukunft vor? Fehlt da überparteilich der Gestaltungswille?

Man denkt immer bloß, dass das den Fließbandarbeiter überflüssig macht. Aber auch der Banker, der etwas ausrechnet, wird überflüssig. Das macht mal alles der Computer. Wir müssen eine Art Digitalisierungssteuer einführen, um einen Ausgleich zu schaffen, wenn die Firmen Leute ausstellen. Das braucht ein großes Konzept. Aber es ist auch nicht so, dass nur Jobs verlorengehen. Es wird auch neue geben. Und man muss ernsthaft das Thema Grundeinkommen diskutieren.

Die Leute wollen ja auch nicht zuhause herumsitzen.

Da kann in das Ehrenamt gegangen werden, es können Aufgaben übernommen werden, die die Kommunen sonst Geld kosten würden. Man kann zum Beispiel ehrenamtlich ein Cafe in der Stadtbibliothek führen.

Was macht die Grünen gerade für junge Wähler interessant?

Wir sind die einzige Partei, die wirklich für die Zukunft, für Euer Leben voraussorgt.

Wie hoch sehen Sie Ihre Chancen in den Bayerischen Landtag einzuziehen?

Momentan ganz gut, glaube ich. Es wäre wichtig, dass ich viele Erststimmen kriege, weil die bei der Landtagswahl auch zählen. Wenn es einigermaßen so weiter geht, könnte es klappen.

Was ist Ihre Vision für Bayern in 30 Jahren?

Bayern ohne eine Alleinregierung der CSU, im Gegenteil, vielleicht ganz ohne CSU-Regierung mit neuen Impulsen. Ein grünes Bayern, ein Bayern, in dem die Luft gut ist, in dem das Grundwasser in Ordnung ist, ein Bayern, in dem in den Städten der Feinstaub einigermaßen eingedämmt ist, in dem wir ein super Bildungswesen haben, in dem wir eine Willkommenskultur pflegen, in dem die Armut sinnvoll bekämpft worden ist, in dem sich jeder in einem Pflegeheim wohlfühlt, und in dem Krankenhäuser auch noch in den Kommunen sind, in dem wir überall einen ordentlichen ÖPNV haben, in dem die Leute auf dem Land nicht vergessen werden, in dem es Kindergärten, Schulen und gute Strukturen gibt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Sebastian E. Bauer
Noel Boldin, beide 10a

 

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